Wegbereiter der Moderne
Der Buchdruck von Johannes Gutenberg
Der Buchdruck gilt als Tor zur Neuzeit. Denn ohne ihn hätte die Menschheit technologisch gesehen kaum einen Fortschritt gemacht. Den Buchdruck mit beweglichen Metalltypen hat bekanntlich der Mainzer Prototypograf Johannes Gutenberg um das Jahr 1450 erfunden. Wer war dieser Gutenberg eigentlich und was hat seine Erfindung genau bewirkt?
Gemeinsam mit meinem Freund Mirko habe ich mich im Spätsommer auf Spurensuche begeben. Unser Ziel: das Johannes-Gutenberg-Museum im Herzen der Mainzer Altstadt, das hier in einem Bau des Architekten Rainer Schell aus den 1960er Jahren residierte. Unser Timing war gut. Denn im Oktober 2024 wird das ganze Gebäude abgerissen und die Ausstellung zieht in kleinere Räumlichkeiten um.
Der Wert eines Buches
Das Museum erstreckt sich über vier Etagen. Führungen und Vorträge vermitteln auf sämtlichen Ebenen einen faszinierenden Einblick in das Druckverfahren nach Gutenberg. So erfuhren wir, dass ein Buch ohne Gutenbergs Innovationen heute den Wert von 3 Millionen Euro hätte. Ein vortragender Druckmeister fragte uns, wie viele Bücher unsere frühere Schule wohl ohne Gutenberg besessen hätte. Auf diese eindrückliche Weise wurde uns der Wert jedes einzelnen Buches deutlich vor Augen geführt.
Der Steve Jobs seiner Zeit?
Vielen gilt der spätmittelalterliche Erfinder als der Steve Jobs seiner Zeit. Gutenberg leistete einen Beitrag zur Technologie im Besonderen und zur Zivilisation im Allgemeinen. Seine Erfindung gilt als Beginn der modernen Informationsgesellschaft. Vorher konnten gerade einmal fünf Prozent der Weltbevölkerung lesen. Die Landbevölkerung bestand zu 99 Prozent aus Leibeigenen. Starre Hierarchien erschwerten die individuelle Lebensgestaltung. So war es dem Individuum kaum möglich, einen einmal gelernten Beruf zu wechseln. Für eine Heirat musste man seinen Fürsten um Erlaubnis fragen. Umziehen in eine andere Stadt war fast nicht möglich.
Ohne Gutenbergs Weiterentwicklung wären die meisten folgenden Erfindungen vermutlich nie gemacht worden, da die jeweiligen Erfinder niemals lesen oder schreiben gelernt hätten. Ohne diese späteren Erfindungen hätten wir eine viel langsamere technische Entwicklung erlebt und wären wahrscheinlich nur ca. 50–100 Jahre vorangekommen und würden vermutlich noch immer in Ritterrüstungen herumlaufen.
Die Druckerpresse machte die Massenproduktion von gedruckten Materialien erst möglich und hat die menschliche Kommunikation bis heute revolutioniert.
Bis zur Erfindung eines massentauglichen Druckverfahrens mussten Bücher mit der Hand abgeschrieben werden. Dies geschah fast ausschließlich von Mönchen in Klöstern. Das Abschreiben war sehr mühsam und dauerte sehr lange. Deshalb waren Bücher unglaublich teuer. Nur der Adel und reiche Kaufleute konnten sie sich leisten.
Wer es sich leisten konnte bekam jedoch kein Buch, sondern nur einzelne Blätter geliefert – in einem Fass. Denn in Fässern wurden nicht nur Flüssigkeiten aufbewahrt, sondern auch vor diesen geschützt. So konnten die wertvollen Buchseiten ihre teils beschwerliche Reise zu den Käufern durch Wind und Regen antreten.
Gutenbergs Erfindung betraf ausschließlich das Drucken von Text. Wer ein Buch gekauft hatte, musste noch einmal richtig viel Geld investieren. Denn als Nächstes brauchte man noch einen Buchmaler für bildliche Darstellungen zur Ausschmückung – Bilder in Büchern waren damals besonders wichtig, weil die meisten Menschen nicht lesen konnten – sowie für Initialbuchstaben und die Farbgebung. Hinzu kam ein Buchbinder, der die einzelnen Teile zusammenfügte.
Gutenbergs Armenbibel
In Mainz durckte Gutenberg die sogenannte Armenbibel („Biblia pauperum“) nach Ansgar von Bremen, die eine bebilderte Kurzfassung der Bibel darstellt. Sie ist in ihrer typografischen Schönheit später niemals wieder erreicht worden. Von den etwa 300 Exemplaren sind heute noch 49 erhalten. Zwei Exemplare werden im Mainzer Gutenberg-Museum verwahrt, wo ich selbst einen Blick darauf werfen konnte.
Die ersten Bibeln hierzulande wurden ausschließlich in Latein veröffentlicht. Luther übersetzte das Neue Testament 1521 ins Deutsche. Als Grundlage diente ihm nicht nur die lateinische Sprache, sondern auch altgriechische Vorlagen. Seine vollständige Bibelübersetzung (Lutherbibel) 1534 war die Grundlage für die meisten anderen Sprachversionen.
Das erste gedruckte Buch
Die Gutenbergbibel war nicht das erste Buch, das gedruckt wurde. Das erste Buch, welches Gutenberg druckte, war nur ein relativ unbekanntes Wörterbuch.
In China war bereits vorher ein zen-buddhistisches Buch gedruckt worden. Doch erfunden wurde der Druck auch nicht im Reich der mitte.
Der Buchdruck stammt tatsächlich ursprünglich aus Korea. Nach dem dort eingesetzten Verfahren wurden Blockbücher gedruckt. Sie zeigten meist bildliche Darstellungen. In Europa waren dies biblische Abbildungen.
Das fernöstliche Verfahren erzeugte einen Farbabrieb. Bei Gutenbergs Druckpresse kommt es auf den Tiegel an. Hierdurch wird zum ersten Mal ein gleichbleibender Druck über die gesamte Fläche erzielt. Für sein Druckverfahren erfand Gutenberg eine eigene Druckfarbe, die aus Leinöl und Baumharzen bestand und sich auf dem Papier ablegte, anstatt davon eingezogen zu werden.
Ein Problem stellte die langsame Trocknung dar, für die man die einzelnen Druckbögen auf Wäscheleinen zum Trocknen aufhängte.
Handgießinstrument
Die entscheidende Erfindung für Gutenbergs Verfahren war ein kleines unscheinbares Gerät, mit dem er seine Buchstaben unkompliziert herstellen konnte. Mit seinem Handgießinstrument konnte flüssiges Blei in Buchstabenform gebracht werden. Auch Abfälle und Reste konnten eingeschmolzen und in neuen Lettern weiterverwendet werden, die dann wieder zu neuen Texten zusammengesetzt und gedruckt werden konnten. So entstand ein in sich geschlossener Rohstoffkreislauf.
Neben der Verwendung beweglicher Lettern und seines Handgießinstruments war auch die Entwicklung einer besonders praktikablen Legierung, die aus Zinn, Blei und Antimon und einer ölhaltigen schwarzen Druckfarbe besteht ausschlaggebend. Das besondere Verdienst Gutenbergs liegt darin, alle diese Komponenten zu einem effizienten Produktionsprozess zusammengeführt zu haben.
Gutenbergs Druckprozess
Zum Drucken einer Seite nahm Gutenberg einzelne Druckbuchstaben aus seinem Setzkasten und bildete damit Wörter, indem er sie nacheinander auf einer Schiene aufreihte. So stapelte er Zeile auf Zeile, bis eine Seite voll war. Anschließend wurde diese Seite auf den Drucktisch gelegt. Anschließend schwärzte er die Buchstaben mit Farbe und legte vorsichtig einen Papierbogen darüber
Nun presste er den Pressbock auf das Papier, das dadurch mit den Buchstaben bedruckt werden sollte. Anschließend hob er der Papierbogen vorsichtig an und hängte ihn zum Trocknen auf. Das Papier verschmierte beim Anheben sehr leicht. Daher musste man sehr vorsichtig arbeiten.
Wir können nur erahnen, mit welcher Mühe, Geduld und Geschicklichkeit Gutenberg an seinen Druckerzeugnissen gearbeitet haben muss. Bis er die richtige Legierung für seine metallenen Druckbuchstaben fand, muss er unzählige Experimente durchgeführt haben.
Hunderttausende Buchstaben und Satzzeichen in verschiedenen Größen, die er beim Drucken verwendete, mussten alle die exakt gleiche Höhe haben. Waren sie zu niedrig, so druckten sie nicht. Wenn sie zu hoch waren, gaben sie einen zu kräftigen Druck. Für den Druck seiner Bibel benötigte Gutenberg wahrscheinlich etwa 400.000 Lettern.
Kirche und Buchdruck
Die katholische Kirche zog großen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Buchdruck. Nicht unbedingt direkt aus dem Druck der Bibel. Das erledigten sie mit ihren Schreibern vornehmlich selbst. Sondern mit dem Abfassen von Ablassbriefen. In Mainz beschäftigten sie zu diesem Zweck 20 hauptberufliche Schreiber, mit deren Arbeit pro Tag bis zu 40 Ablassbriefe erstellt werden konnten.
Mit Gutenbergs erster Maschine konnten deutlich mehr Druckerzeugnisse hergestellt werden als durch die handschriftliche Methode. Zwar kennen wir die genauen Zahlen nicht. Schätzungen gehen aber von bis zu 200 Ablassbriefen pro Tag aus. Für den Verkauf der Bibel kam im Grunde nur der Adel als Abnehmer infrage. Die Ablassbriefe hingegen waren für jeden Kirchenbesucher erschwinglich. Daher wurden mit den ersten Druckmaschinen auch Ablassbriefe hergestellt.
Der Druckerkuss
Ein Geräusch, das man nicht vergisst, wenn man es einmal gehört hat: der Druckerkuss. Gemeint ist das schmatzende Geräusch, wenn das feuchte Papier sich vom Stempel abhebt. Man hört es auch heute noch, wenn man neben einer Druckpresse steht. Allerdings ist der Kuss heute eher ein Dauerschmatzen, weil die Maschinen so schnell geworden sind.
Bücherstadt Frankfurt am Main
Rund 100 Jahre lang verkauften die ersten Drucker ihre Bücher vornehmlich in Frankfurt am Main. Nicht in Mainz oder Köln. Die Drucker gründeten 1511 in Frankfurt die Bruderschaft der Buchdrucker, die als eine Art Gilde später die erste Buchmesse der Welt in Frankfurt hervorbrachte. Hier wurden Bücher und andere Druckerzeugnisse in großem Stil gehandelt.
Das Leben von Johannes Gutenberg
Mögliches Aussehen von Johannes Gutenberg. Es existiert kein Bild von Johannes Gutenberg, da es zu seiner Zeit keine realistischen Darstellungen von nicht-adeligen Personen gab und er zu Lebzeiten nicht berühmt war.
Gutenberg widmete den größten Teil seines Lebens der Entwicklung der modernen Druckerpresse mit beweglichen Lettern.
Letztendlich wurde Gutenberg um die Früchte seiner Erfindung gebracht. Im Jahr 1455 war seine 42-zeilige Bibel schon fast fertig gedruckt – zu spät für einen Gläubiger, dem er eine hohe Geldsumme nicht zurückzahlen konnte. Daraufhin musste er ihm die ganze Werkstatt mitsamt seinen Bibeln überlassen.
Gutenberg starb mittellos, schikaniert und ohne großes Ansehen im Jahre 1468 (sein Schicksal erinnert mich damit an einen anderen großen Erfinder: Nikola Tesla).
Die Bedeutung seiner Erfindung lebt bis heute weiter. Obwohl Gutenberg als großer Erfinder gilt, ist relativ wenig über sein Leben bekannt. Sein Vater, der Kaufmann Friedrich Gensfleisch, entstammte einer wohlhabenden Patrizierfamilie. Seine Heimatstadt Mainz am Rhein war damals eine blühende Handelsstadt. Wahrscheinlich lernte der junge Johannes Gutenberg hier die Goldschmiedekunst und das Münzprägehandwerk. In beiden Berufen kommt es auf das sorgfältige Messen und Prüfen von Metallen an. Man entwickelt Kenntnisse über metallische Veränderungen unter Wärmeeinfluss sowie auf das geschickte Verarbeiten sehr kleiner Gegenstände. Dies war eine Voraussetzung für Gutenbergs spätere Herstellung metallener Druckbuchstaben.
Die Bleizeit
Durch Gutenbergs Erfindung wurde die Massenproduktion von Büchern möglich. Wissen konnte jetzt für viele Menschen zugänglich gemacht werden und zur Überlieferung und Weiterverbreitung von Bildung und Ideen beitragen.
Die Zeit seit Gutenbergs Erfindung bis zur Umstellung auf den Computersatz um 1984 wird auch als „Bleizeit“ bezeichnet.
Jahrhunderte befolgten die „Ritter der schwarzen Zunft“ ein hochdifferenziertes Regelwerk. Zwar gibt es in heutiger Zeit auch Textverarbeitungsprogramme, mit denen die Abstände der Buchstaben nach festen Regeln gesteuert werden und somit z.B. Ligaturen gesetzt werden können, jedoch geht das Wissen um die Schwarze Kunst mehr und mehr verloren. Weiterhin wird von einigen Künstlern der Buchdruck wie zu Gutenbergs Zeiten durchgeführt, und bei Treffen, beispielsweise in Mainz bei der Minipressen-Messe.
Zunftwappen der Buchdrucker
Quellen und weiterführende Links
- Geschichte des Buchdrucks / Wikipedia
- Johannes Gutenberg / Wikipedia
- Buchdruck / Wikipedia
- https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/mainz/wertvolle-bibel-fuer-gutenbergmuseum-in-mainz-wird-vorgestellt-100.html
- Gutenberg-Museum
- Mainzer Minipressen-Messe