August 1, 2019

Eine mittelalterliche Straße in Deutschland mit Kopfsteinpflaster und alten Gildenzeichen. Auf dem zentralen Schild steht die Aufschrift „Fraktur“.

Gotik, Schwabacher und Fraktur

Es gibt eine ganze Reihe alter Schriften, die ähnliche Merkmale aufweisen. Daher werden sie heute als „gebrochene Schriften“ klassifiziert. Bekannt sind diese Schriften auch als „Deutsche Schrift“, im englischsprachigen Raum werden sie auch als „Gothic“, „Old English“ oder „Blackletter“ bezeichnet.

Ab dem 12. Jahrhundert machte sich eine gestalterische Veränderung bemerkbar, indem die Rundungen der Minuskelschrift eckig gebrochen wurden. Zunächst entstand die gotische Buchschrift, die im 13. Jahrhundert immer enger und steiler interpretiert wurde. Die Zugrichtung dieser Schriftart wurde enger und steiler als bisher dargestellt und betonte die senkrechte Linienführung.

Ab dem 14. Jahrhundert kamen weitere Änderungen hinzu. Nicht nur die Enden der senkrechten Schäfte wurden spitz umgebogen, sondern durch eine Schrägführung des Schaftes am oberen und unteren Ende eine doppelte Brechung erzeugt. Diese führte zur Schrift „Textura“.

Aus den Kursivschriften wurden die „Notula“ und die „Bastarda“ weiterentwickelt, die sich regional unterschiedlich weiterentwickelten. So entstand in Mainz die „Schwabacher“. Später wurden die Abgrenzungen der Schäfte durch Haarstriche ersetzt (einfache Brechung). So entwickelte sich die Frakturschrift.

Schwabacher

Die Schwabacher Schrift entstand im 15. Jahrhundert. Diese Schriftart ist deutlicher, offener und breitlaufender als die gotische Textura. Die Schwabacher war vom späten 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts die gebräuchliche Schriftart. Später wurde sie von der Fraktur verdrängt, blieb aber bis ins 20. Jahrhundert weiterhin populär. Die Schwabacher Schrift wurde wahrscheinlich das erste Mal von Johannes Bäumler in einem Wiegendruck in Augsburg im Jahre 1472 verwendet. Seit 1485 wurde sie dann auch in Nürnberg verwendet. Um 1490 benutzte sie Anton Koberger für die Schedelsche Weltchronik. Albrecht Dürer verwendete die Schwabacher Schrift 1498 für den Druck seiner Dürersche Apokalypse.

Die Schwabacher unterscheidet sich im Vergleich zur Fraktur oder der Textura durch die starken Rundungsformen ihrer Buchstaben. So ist das kleine o beidseitig rund, während es in der Textura beidseitig eckig und in der Fraktur halb rund und halb eckig ist. Typische Buchstaben sind außerdem das sich nach oben kreuzende kleine g und das große H. Aber auch bei dieser Schriftart wechseln sich Rundungen mit scharfen Kanten ab, so dass sie heute zu Recht zu den gebrochenen Schriften zählt. Die Schwabacher Schrift wird heute als kräftige, volkstümliche Schriftart geschätzt.

Schwabacher Schrift
Schwabacher Schrift

Fraktur

Fraktur (von lateinisch frango ‚ich breche‘, Partizip Perfekt Passiv fractus ‚gebrochen‘) Die Fraktur war von Mitte des 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts die meistgenutzte Druckschrift im deutschsprachigen Raum. Auch in Nordeuropa war die Fraktur weiterverbreitet, befand sich jedoch immer in Konkurenz zur ebenfalls beliebten Antiqua. Als Erfinder der ersten »fractura germanica« im Jahre 1507 gilt der Augsburger Kalligraph und Benediktinerpater Leonhard Wagner.

Der Sammelbegriff Frakturschrift wird heute oft für alle gebrochene Schriften verwendet, also auch für die Textura und Schwabacher, die sich aber durch Fehlen des für die Fraktur charakteristischen Elefantenrüssels davon abgrenzen lassen.

Typografischer Elefantenrüssel in gebrochener Schrift
Typografischer Elefantenrüssel

Als Elefantenrüssel werden besondere Anschwünge von Großbuchstaben bezeichnet. Elefantenrüssel kommen in spätmittelalterlichen Urkunden vor, die in der Schriftart Bastarda geschrieben sind. Im Buchdruck der Fraktur finden sie sich ebenfalls.

Der Elefantenrüssel ist ein geschwungenes, s-förmig geformtes Zierelement, das bei den Großbuchstaben A, B, J, M, N, P, R, T, V, W, Z an der linken Oberseite ergänzt wird. Beim L findet es sich ausnahmsweise auf der rechten Seite. Entstanden ist dieser Rüssel-Schwung in Böhmen. Er ist nachverfolgbar bis ins späte 14. Jahrhundert der Reichskanzlei. Einer Zeit, in der die böhmischen Könige auch im römisch-deutschen Reich herrschten. Erst später wurde dieses Stilelement auch auf die Fraktur übertragen.

Theuerdank, 1517, Nürnberg
Theuerdank, 1517, Nürnberg
NZZ Erstausgabe Titelseite
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Stephan Bender

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