Bendesign Grafiker Logo

Richtige Gänsefüsschen setzen.

durch die Verwendung korrekter Anführungszeichen.

Ich lese relativ viel online: Nachrichten, Dokumentationen, Berichte, Blogs und Kommentare. Es gibt wohl kaum eine Sache, die typographisch häufiger falsch gemacht wird als unsere liebevoll »Gänsefüßchen« genannten Anführungszeichen. Das liegt zum einen an Unkenntnis, zum anderen aber auch an unserer modernen Computertastatur, welche die korrekten Zeichen gut vor uns versteckt hält.

″Text″

Diese Notlösung, die aufgrund der Beschränkungen von frühen Computern notwendig war, werden wir nun nicht mehr los. Dabei sind die technischen Gründe längst überwunden. Jeder Computer unterstützt die Darstellung richtiger Zeichensetzung. Sie ist nur ein klein wenig schwieriger zu erzeugen, als die Ersatzzeichen.

Wörtliche Rede, Zitate, Ironie –sollten von Anführungszeichen umschlossen werden. Mit dem Web haben wir sie jedoch schon fast verloren: Selbst größere Nachrichtenseiten greifen stattdessen zum Ersatz Anführungszeichen.

„Text“

bendesign-computer

Aus technischen Gründen wurden die ersten Schreibmaschinen mit nur einem Anführungszeichen ausgeliefert. In modernen Seitenbeschreibungssprachen werden diese Anführungszeichen nun weiterhin benutzt weil sie einfacher zu tippen sind und eine Extra- Kennzeichnung auf dem Keyboard haben.

Genauso, wie die Klammern können aber auch Anführungszeichen öffnend oder schließend gesetzt werden. Dies erleichtert in Texten die Lesbarkeit. In fast jeder Schriftart erzählt also die Form des Anführungszeichens etwas darüber, um welche Art von Anführungszeichen es sich gerade handelt.

Ein Typograph mit Feingespür, der etwa ein Buch setzt, oder das typografische Finetuning einer Website übernimmt wird die Anführungszeichen also in der jeweiligen Landessprache richtig einsetzen.

Anführungszeichen in verschiedenen Sprachen und Schrifttypen
Anführungszeichen in verschiedenen Sprachen und Schrifttypen

Um herauszufinden, welche Anführungszeichen üblicherweise verwendet werden reicht es aus, einen Blick auf ein älteres Buch zu werfen, welches ohne Zuhilfename von Computern hergestellt wurde. (Veröffentlichkeitsdatum vor 1985)

Veröffentlicht vor 1985
Veröffentlicht vor 1985

Anführungszeichen werden verwendet zur Kennzeichnung von:

  • Wörtlicher Rede: Er sagte: „Morgen scheint die Sonne.“,
  • Zitaten: „Gallia est omnis divisa in partes tres.“ (C. Iulius Caesar: De bello gallico)
  • Ausdrücke, die nicht wörtlich zu nehmen sind oder die nicht zur Stilebene des Textes passen, z.B. zur Distanzierung, Ironisierung, und zur Kennzeichnung von Umgangssprache in hochsprachlichen Texten: Bei dem ersten Sternenflotten Auflug in den Alpha Quadranten unserer Milchstraße ereignete sich ein „krasser“ Zufall.

Nicht verwendet werden Anführungszeichen, zur Auszeichnung fremdsprachiger Wörter oder besonders wichtig erscheinender Wörter; in solchen Fällen bietet sich die Auszeichnung kursiv oder fett an.

Einfache Anführungszeichen werden innerhalb von doppelten Anführungszeichen verwendet (als Anführungszeichen der zweiten Ebene). Eine besondere Rolle spielen die Anführungszeichen in der (klassischen) Philologie. Sie dienen zur ungefähren Wiedergabe eines Textes (z.B. bei Gedächtniszitaten). Sonst wird im Deutschen bei nicht-wörtlicher Rede- oder Textwiedergabe die indirekte Rede verwendet.

Titel von Werken dürfen in Anführungszeichen gesetzt oder kursiv geschrieben werden (Beide Auszeichnungen gleichzeitig zu verwenden ist nicht zulässig.), wobei in der Tendenz bei selbstständigen Werken (Büchern, Zeitschriften) Kursivschreibung bevorzugt wird, sonst (doppelte) Anführungszeichen (also z.B. bei Aufsatztiteln, einzelnen Gedichten, oder Manuskripttiteln).

Die öffnenden Anführungszeichen stehen im Deutschen unten und sehen aus wie Kommata oder kleine tiefgestellte Neunen:

Zum Vergleich: ,oder 9

Die schließenden Anführungszeichen sehen wie kleine hochgestellte Sechsen aus:

Zum Vergleich: oder 6

„Guten Tag?“, „Guten Tag.“ „Wer spricht denn dort?“ „Ich!“ „Ich?“ „Ja ich bins.“ „Aha.“ „Ist `Mr. X` da?“ „Moment, Ich verbinde Sie.“ „Ja Hallo?“

Es führt einfach zu Verwirrung; Man verliert den Überblick, wo die wörtliche Rede gerade anfängt und wo sie aufhört. Und alles, was das störungsfreie Lesen behindert, widerspricht dem Sinn der Typografie: Die Kommunikation für den Leser vereinfachen.

Jede Sprache hat ihre eigenen typographischen Traditionen für Anführungszeichen. Fürs Deutsche kann man sie sich ganz einfach so merken:

Unter Windows hält man zuerst die Taste >Alt< gedrückt und gibt gleichzeitig die angezeigten Ziffern ein.

Öffnende Gänsefüßchen
Win: alt + 0132
Apple: ⌥+^
Uni: U+201E

Einfaches öffnendes Gänsefüßchen
Win: alt + 0130
Apple: ⌥+s
Uni: U+201A

Einfaches schließendes Gänsefüßchen
Win: alt + 0145
Apple: ⌥+#
Uni: U+2018

Schließende Gänsefüßchen
Win: alt + 0147
Apple: ⌥+2
Uni: U+201C

Alternativ werden im Deutschen auch umgekehrte französische Anführungszeichen (guillemets) verwendet:

Die »französischen« Anführungszeichen werden nach ihrem wahrscheinlichen Erfinder Guillaume Le Bé auch Guillemets (»kleine Willis«) genannt. Im Deutschen werden sie im Gegensatz zum Französischen und Schweizerischen »nach innen zeigend« verwendet, obwohl grundsätzlich auch nichts gegen die umgekehrte Verwendung spricht. Ihr großer Vorteil gegenüber den Gänsefüßchen liegt darin, daß sie durch ihre Form weniger Luft um sich herum haben und somit keine störenden Löcher in den Text reißen. Das kommt dem typografischen Grundsatz eines möglichst ruhigen Satzbildes entgegen, so daß sie z.B. in Büchern der Quasi-Standard sind.

Um die Störung zu minimieren, empfiehlt Jan Tschichold gar die Verwendung von einzelnen Guillemets als primäre Anführungszeichen nach dem Schema:

»

«

Öffnende Guillemets
Win: alt + 0187
Apple: ⇧+⌥+q
Uni: U+00BB

Einfaches öffnende Guillemets
Win: alt + 0155
Apple: ⇧+⌥+n
Uni: U+203A

Einfache schließende Guillemets
Win: alt + 0139
Apple: ⇧+⌥+b
Uni: U+2039

Schließende Guillemets
Win: alt + 0171
Apple: ⌥+q
Uni: U+00AB

Im Deutschen werden die doppelten Strichlein oft fälschlicherweise als englische Anführungszeichen angesehen und dementsprechend durchgehend stehen gelassen. Auch, wenn die Position (vorne und hinten oben) die gleiche ist, sind die Zeichen im englischsprachigen Raum genauso falsch wie hier. Die Eselsbrücke für die englischen Anführungszeichen ist genau anders herum wie die deutsche:

Englisch öffnend
Win: alt + 0147
Apple: ⌥+2
Uni: U+201C

Englisch einfach öffnend
Win: alt + 0145
Apple: ⌥+#
Uni: U+2018

Einfaches einfach schließend
Win: alt + 0146
Apple: ⇧+⌥+#
Uni: U+2019

Englisch schließend
Win: alt + 0148
Apple: ⇧+⌥+2
Uni: U+201D

Welche Zeichen man zur Auszeichnung verwendet ist letztlich eine Frage des typographischen Stils. Unsere Anführungszeichen erleben jedenfalls heute stürmische Zeiten und die Zukunft sieht auch nicht gerade rosig aus.

Das Schicksal der Gänsefüßchen liegt deswegen auch in Ihrer Hand. Sollten Sie die Gänsefüßchen in guter Erinnerung bewahren und hin und wieder in Texten einsetzen, dann könnten sie vielleicht überleben.

Vielen Dank.

Foto des Autors
Über den Autoren

Stephan Bender

Bücher sind mir seit meiner frühen Kindheit wertvolle Begleiter. Schon mein Elternhaus war von Sprache, Kunst und Literatur geprägt. Mein Interesse am Lesen fiel auf fruchtbaren Boden, denn mein Vater arbeitete als Buchhändler in Koblenz. Er erstand für mich jedes Buch, das ich lesen wollte. Anfangs verschlang ich Abenteuerromane. Später widmete ich mich den Biografien großer Künstler und entdeckte Bücher über Malerei. So wurde mein Interesse für Design und Kunst geweckt und ich verbrachte meine Jugend größtenteils damit, zu zeichnen und zu malen. Nach meiner Ausbildung zum Mediengestalter habe ich in Düsseldorf und München in Werbeagenturen als Grafiker und später als Artdirektor gearbeitet, bevor ich mich im Jahr 2009 mit einem Kollegen und eigener Agentur in München mit dem Fokus auf Websiteerstellung selbstständig gemacht habe. 2011 gründete ich mein eigenes Designbüro: Bendesign. Seitdem arbeite ich für meine Auftraggeber daran, die Qualität ihrer Angebote zu visualisieren und die Kommunikation von Menschen und Marken zu verbessern.

Weitere Artikel

Gänsefüsschen. Ein Braunbär stapft gemütlich über einen schmalen Waldpfad.
Foto des Autors
Stephan Bender

Anführungszeichen in der Typographie

Auf einem Tisch befindet sich ein Glaskasten, in dessen Inneren ein Buch aufbewahrt wird, in dem einige wunderschöne Ampersands abgebildet werden.
Foto des Autors
Stephan Bender

Das Ampersand

Die Silhouette eines italienischen Paares, dass einen römischen Säulengang entlanggeht und dabei von einer römischen Statur bewacht wird.
Foto des Autors
Stephan Bender

Tironische Noten

Subscribe now to get the latest updates!

    Subscribe now to get the latest updates!

    Fehler: Kontaktformular wurde nicht gefunden.

    1 Gedanke zu „Anführungszeichen in der Typographie“

    1. Ich würde zu dem Thema jetzt gerne mal aus gestalterischer Sicht anmerken. Wenn wir die „“ aus technischen Gründen und auch doch konsequente Anwenung für alle Fälle bereits auf diese „doppel Oben“ legitimiert haben. Warum sagt man dann nicht einfach, dass dies eine durch Anwendung legitimierte neue Konvention für Anwendungszeichen ist. Damit wäre die Regel vereinfacht. Freie Wahl geschaffen und vor allem aber auch eine gestalterische Wahl. Wieso an einem Absolutismus festhalten, wenn er nicht funktioniert, als statt dessen die freie Anführungszeichen innerhalb ihrer Anwendungsfälle als freie Gestaltungselemente zu verwenden?

    Die Kommentare sind geschlossen.